Experteninterview mit Ulf-Daniel Ehlers im Rahmen von CEDEFOP Scoping Workshop
Das Interview können Sie hier ebenfalls als PDF downloaden:
Frage: Was können Sie mir zu dem Begriff Micro-Credentials sagen?
Ehlers: Micro-Credentials sind Mikrozertifikate für Lernergebnisse. Die Anforderungen allerdings, die an Micro-Credentials gestellt werden, sind ungefähr die gleichen, wie auch an andere Zertifikate. Im Hochschulbereich wäre das eine Art Transparenz hinsichtlich des Bildungsniveaus, sowie ein bestimmtes Qualitätsniveau.
Die Lehrenden müssen bei der Zertifizierung überlegen, wie die Leistung der Studierenden einzuordnen ist – ist das Bachelor-, Master- oder Doktorniveau? Haben sich die Studierenden hinsichtlich des Qualitätsniveaus über eine bestimmte Zeit unter bestimmten Bedingungen mit dem Material beschäftigt?
Betrachtet man das aktuelle Zertifizierungssystem durch ECTS, dann sind Micro-Credentials quasi Mini-ECTS. Auch Short Courses, also etwa sechs- bis zehn-wöchige Kurzzeitkurse, gibt es schon sehr lange. In vielen Ländern sind Short Courses im Hochschulbereich allerdings schon viel weiter verankert als hier.
Dieser Bereich entwickelt sich nach und nach, wird jetzt allerdings durch das Thema Mirco-Credentials, auch alternative Credentials oder alternative Zertifizierungsverfahren, erst wirklich thematisiert.
Können wir es schaffen unterhalb der Studienabschlüsse eine Zertifizierung im Hochschulbereich zu ermöglichen, die diesen Anforderungen entspricht? Und wenn ja, wie geht das? Wenn man das durchdenkt, ergeben sich verschiedene Szenarien, die möglich bzw. wahrscheinlich werden. In unserer Forschung betrachten wir vor allem Europa. In Deutschland ist das Zertifizierungssystem durch den Bologna-Prozess sehr stark geregelt, in Europa gibt es kaum vergleichbare klare Regelungen. Wenn ich in Deutschland beispielsweise bei der IHK einen Kurs absolviere, kann eine andere IHK die Kursinformationen und Leistungen nachvollziehen und überprüfen. Auf europäischer Ebene gibt es so etwas lediglich in Form des Kopenhagen Prozesses, durch den Berufsausbildungsabschlüsse in Einklang gebracht werden sollen. Die Strecke, die hier zurückgelegt wurde, ist allerdings noch sehr gering, viele scheuen sich noch davor.
Kennen Sie Diskussionen, die im Moment in Deutschland zum Thema Micro-Credentials präsent sind? Zeigen sich diese auch in bestimmten strategieweisenden Dokumenten?
Was es natürlich gibt sind angeschlossene Diskussionen, in denen versucht wird, die derzeit existierenden Instrumente und Konzepte für Zertifizierung zu nutzen und zu überprüfen, ob sie ausreichen. Brauchen wir denn wirklich etwas Neues?
Die in Deutschland entwickelten Instrumente und die Strategie, die man auch Micro-Credential Strategie nennen könnte, besteht im Hochschulbereich darin, eine Anerkennungspraxis zu ermöglichen. Man nennt das akademische Vorqualifizierung. Die akademische Vorqualifizierung ist in allen 16 Hochschulgesetzen verankert und muss von Hochschulen potentiell anerkannt werden. In vielen Bundesländern ist es allerdings so, dass nicht die Kandidat*innen nachweisen müssen, dass deren Vorqualifizierung auf dem geforderten Kompetenzniveau stattfand, sondern die Hochschule muss das Gegenteil beweisen. Durch diese Praxis konnte bisher jedoch nicht das erreicht werden, was man sich unter dem Micro-Credential Konzept eigentlich verspricht. Ein unterhalb von Studiengängen noch stärker individuell, episodisch, vernetztes, sozusagen akademisches Lernen, welches trotzdem noch Kohärenz besitzt und über die Zeit hinweg zu (höheren) akademischen Abschlüssen führen kann, weil man auf dem Weg anerkannte Zertifikate sammeln konnte. Darüber gibt es tatsächlich eine große Diskussion.
Sie sind natürlich vor allem im Hochschulbereich tätig. Können Sie dennoch Aussagen für die berufliche Bildung treffen?
Die Frage ist dabei, wie können wir das, was jemand im Laufe seiner Berufsbiografie an Weiterbildungserfahrung sammelt, so dokumentieren, dass wir es verstehen können – auch wenn er oder sie die Firma wechselt? Bei den großen, internationalen Companies wie IBM, die ihr Schwerpunktgeschäft beispielsweise in den USA oder in Asien haben, haben die Mitarbeitenden jede*r eine eigene Seite in dem firmeninternen Portal, wo sie genau nachvollziehen können, welche Weiterbildungen sie gemacht haben.
Sie sammeln Batches, die hier aufgeführt werden. Das Batch-Konzept ist der Versuch, ein digitales Artefakt zu schaffen, hinter dem eine standardisierte Beschreibung davon liegt, was sie gelernt haben, wie lange sie gelernt haben, auf welchem Niveau, wie es zertifiziert wurde und wo man sich genaueres anschauen kann.
Man kann die Leistungen somit prüfen und verifizieren. Wichtig sind diese Batches für die Mitarbeitenden vor allem bei Fragen wie: Worauf arbeite ich hin? Was sind meine Karrierechancen innerhalb der Organisation? Welche Projekte bearbeite ich? Wo werde ich angefragt? Wie viel Geld kann ich verdienen?
Dabei ist die Qualifikationswährung der Batches wichtiger als der formale zertifizierte Studienabschluss. Interessanterweise merkt man diese Auswirkungen mittlerweile auch im Recruitment, wie mir aus den USA berichtet wurde. In Deutschland ist das noch nicht der Fall, da es hier klar definierte Berufsabschlüsse in Ausbildung, Arbeitsplatzbeschreibungen und den Einstufungsmodellen gibt. Man darf jemanden, der keinen Berufsabschluss hat, nicht ohne weiteres in eine Lebensstellung bringen, die einen Berufsabschluss erfordert.
In Deutschland sind Beruf und Ausbildung ganz klar miteinander verbunden.
Das hängt mit dem Berufsbildungssystem zusammen, auf das ich gerne nochmal zurückkommen würde.
Die Währung ist nicht mehr der Studienabschluss oder die Berufsausbildung – die Währung ist die Weiterbildung im Verlauf der professionellen Berufsentwicklung. In Bezug auf das Recruiting von großen Companies hat das den Effekt, dass sie weniger nach konkreten Berufs- oder Studienabschlüssen suchen. Die Abschlüsse sind nur noch eine Voraussetzung dafür, dass man sich überhaupt auf den Job bewerben kann. Vor allem in bestimmten Bereichen wie der Kommunikations-, IT- oder Versicherungsbranche ist das der Fall. Der Abschluss ist kein Garant für die Firma, dass man die gesuchten Kompetenzen tatsächlich hat. Diese Firmen suchen nun nach dokumentierten Berufs- und Arbeitserfahrungen.
Da stellt sich die zentrale Frage: Woher kriegen die Bewerbenden diese Kompetenzen und vor allem den Nachweis über diese Kompetenzen? Wie wird das verifiziert?
Gebraucht wird also die Möglichkeit vom Sichtbarmachen der Kompetenzen, praktisch durch Micro-Credentials?
Das ist die Idee. Auf bildungswissenschaftlicher Ebene ist es so, dass wir Kompetenzen bis heute nicht zertifizieren können, es gibt aber immerhin die Versuche, wir nähern uns dem Thema an. Bislang können wir die Qualifikationen zertifizieren, nicht die Kompetenzen.
Man muss dafür also Verfahren schaffen und hier könnte man Mirco-Credentials nutzen. Denken Sie eine Kombination von mehreren Micro-Credentials, die an verschiedenen Orten erworben wurden, wäre ein zukunftsweisendes Konzept für den Erwerb von Studienabschlüssen?
Diese Idee heißt Stackability – sozusagen Kombinierbarkeit.
Zu welchem Ziel führt die Kombinierbarkeit?
Das kommt auf das Szenario an, dem man folgt. Es gibt das Szenario, in dem wir sagen Bildung wird in verschiedene Unterkonzeptionen aufgedröselt, beispielsweise in die Persönlichkeitsentwicklung, Motivations- und Interessensentwicklung und -vertiefung und außerdem die Zertifizierung und Qualifizierung von dem was ich mache. Das schließt auch studieren unter Frustrationsbedingungen ein, denn auch das bringt mich weiter.
Diese Unterkonzeptionen werden nun in eine Baukastenlogik eingefügt. Man sagt beispielsweise 3% Erschütterung, 5% Vertiefung von Maschinenbau und 30 Stunden Lernen in dieser Art und Weise lässt sich gut mit Digitalethik kombinieren und wer Komponente 1 und Komponente 2 hat, ist gut einsetzbar als Projektmanager*in im Blockchain Bereich. Dieser Art von Hoffnung oder Logik, dass Lernen und Bildung in Domänen über die Zeit hinweg ein ganzheitlicher Prozess sind, und diesem Szenario von Stackability, kann ich nichts abgewinnen.
Etwas anderes ist es aber, wenn man das Talentmanagement oder Human Capital Management in größeren Zusammenhängen betrachtet. Die Kolleg*innen von Bosch sagten mir: „Für uns ist es wichtig, möglichst genau zu wissen was für Erfahrungen unsere Leute gemacht haben, da wir unsere Teams weltweit zusammenstellen. Wenn wir eine Task Force brauchen, die sich mit der Frage auseinandersetzt, wie müssen unsere Produkte in Zukunft auf Blockchain ausgerichtet sein und was heißt das für unsere Firma, dann müssen wir wissen, was für Erfahrungen die Mitarbeitenden einer solchen Task Force haben. Wir wollen möglichst unterschiedliche Erfahrungen und Persönlichkeiten zusammenbringen. Diese Art von Anforderung ist die andere Seite. Wie gut kennst du deine Leute? Und wie kannst du ein System aufbauen, in dem du Tags vergibst? Diese beiden Welten – einerseits die Unmöglichkeit Handlungsvollzüge so zu standardisieren, dass man sie garantiert über Kontexte, Domänen und Persönlichkeiten hinweg vorhersagen kann und andererseits das Spektrum der Erfahrung, dass es irgendwie eine Praxis gibt in Organisationen, die das dennoch tut – müssen vereint werden.
Eine andere Perspektive ist die, die Gewerkschaften möglicherweise wichtig finden: die Professionsentwicklung des einzelnen Menschen, des Individuums. Der einzelne Mensch hat natürlich in Bezug auf dessen homo oeconomicus, aus der Sicht einer Marktlogik heraus, das Interesse, dass das was er lernt auch seine Attraktivität und seine Möglichkeiten steigert und sich dadurch die Bildung als soziales Kapital in der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt entwickelt. Aus dieser Sicht heraus wäre es natürlich eine Katastrophe, wenn ich in meinem Leben etliche Fortbildungen mache und ich keine Möglichkeit habe, das transparent zu zeigen.
Also Stackability als die Ablösung des Ganzheitlichen der Handlungskompetenz, daran glaube ich nicht und das wird, nach allem was die Bildungswissenschaft dazu weiß, nicht funktionieren. Die transparente Entwicklung meiner eigenen Bildungsbiografie ist allerdings ein wichtiges Ziel. Wenn ich beispielsweise einen guten Arzt oder eine gute Ärztin suche und ich wissen will, welche Erfahrungen er oder sie mit Homöopathie hat, ist es hilfreich nachzuvollziehen was er oder sie dazu veröffentlicht hat, auf welchen Konferenzen er oder sie war oder welche Zertifikate er oder sie hat. Daran kann ich mich bei der Auswahl des Arztes oder der Ärztin dann orientieren.
Diese dritte Dimension, die Art von Verständigung von Anforderungen und Interessen und Erfahrungen und Nachfrage, gibt es bisher nicht.
Bei der Suche der Unternehmen nach motivierten Mitarbeitenden steht mehr als nur deren Erfahrung im Fokus. Man soll sich auch innerlich mit dem verbunden fühlen, was man tut und möglichst gut sein bzw. alle Anforderungen erfüllen wollen. So entsteht eine Motivation, die bei den Unternehmen sehr gefragt ist.
Wie kann man das mit Micro-Credentials schaffen? Wie müssten sie aussehen, damit Unternehmen dieser Ausbildungsform vertrauen?
Das ist die Frage der Qualität und Standards.
Wir haben an der DHBW in einem Projekt den derzeit diskutierten Standard für die Micro-Credentials auf Basis der ESCO-Standards, der europäischen Kommission, entwickelt. Sobald man allerdings standardisiert, entfernt man sich von der Individuallogik – aber Handlung ist immer Individuallogik. Um dieser Ausbildungsform zu vertrauen, braucht man idealerweise übergreifenden Konsens. In Kontexten, die reguliert sind, wie Arbeitsmärkten, sind Zertifikate von Hochschulen hochformale Dinge. Sie sind die Zugangsvoraussetzung um angestellt zu werden. Wenn man das auf Microebene machen möchte, müsste man erstmal ein System von Zugangsvoraussetzungen entwickeln. Diesen Anforderungen, die auf unserem strukturierten Arbeitsmarkt existieren, müssten auch die Mirco-Credentials genügen.
Die Micro-Credential Diskussion befasst sich aber eigentlich mit einer anderen Zukunft.
Es geht darum, dass wir andere Arbeitsweisen brauchen. Die Welt entwickelt sich emergent und plötzlich müssen wir unsere Hochschulen und Krankenhäuser schließen, plötzlich müssen wir andere Prozesse und Verfahren organisieren, weil es einen Corona-Virus gibt. Diese Art von Tätigkeit kann man nicht ausbilden, jedenfalls nicht so ohne Weiteres. Bisher haben wir gar nicht daran gedacht, doch jetzt stellt sich natürlich die Frage: Wenn das in Zukunft erneut passiert, dass wir durch Klimakrisen, Migration, Krieg und Frieden usw. ständig wachsende Herausforderungen haben und sich Regularien immer schneller ändern, ist dieses System von festen Strukturen für das Koppeln von Positionen und Qualifizierung noch sinnvoll? Wenn es das nicht ist, dann müsste man etwas Neues entwickeln. Dieses Neue, das ist die Idee für mehr Flexibilität und mehr Schnelligkeit, wofür wir kleinere Strukturen brauchen. Das Ideal der Micro-Credential-Welt aus Sicht des Bildungswissenschaftlers ist, dass wir es schaffen, ganzheitliche Bildungskonzepte in dieses Thema hineinzubekommen und Zertifizierung in einer sehr qualitativen Weise zu verstehen. Da hilft Artificial Intelligence und Big Data Learning. IBM macht das heute schon. Dort werden die Motivationsschreiben der Bewerber*innen erst von einem Computer analysiert, dann bekommen die Zuständigen eine Auswahl der passenden Bewerbungen zur weiteren Prüfung vorgelegt. In diese Richtung müsste es möglicherweise gehen.
Gibt es eine Personengruppe die besonders von der Einführung der Micro-Credentials profitieren würde?
Alle im Bereich des Arbeitsmarkts, die systemisch analysieren; alle diejenigen, bei denen die alten Konzepte nicht mehr funktionieren. Jetzt gerade bearbeite ich mit meinem Team, der NextEducation Arbeitsgruppe, das größte Projekt im Bereich Blockchain in Europa. Wir entwickeln über 4 Jahre die europäische Blue Print Strategie für Qualifizierung und Skilling im Blockchain Bereich. Durch eine weitläufige Umfrage fanden wir heraus, dass die Companies, die mit Blockchain arbeiten, sagen, es gibt keine konkreten Blockchain Studiengänge oder Berufsausbildungen. Daher funktioniert die Arbeitsmarktqualifizierungslogik als Platzierungs-, Selektions- und Findefunktion in diesem Bereich nicht. In solchen Bereichen braucht man andere Systeme. In diesem Fall welche, die es ermöglichen zu sagen „Hier sind IT-Manager*innen, -Architekt*innen oder Developer*in, die im Laufe der letzten 5 oder 10 Jahre relativ viele Blockchain Projekte bearbeitet haben, die hier durch Credentials dokumentiert und zertifiziert sind.“ Das würde den Companies helfen.
Es gibt also bereits Short Courses, die zertifiziert sind und die als Äquivalent für Studienleistungen anerkannt werden, aber bei Micro-Credentials ist das noch nicht der Fall. Diese Standardisierung gibt es noch nicht, richtig?
Diese Standardisierung gibt es nicht auf Ebene der Hochschulen oder in der Berufsbildung. Standards sind immer rechtsverbindliche Instrumente. Es gibt jedoch faktische Standards. Wenn Sie beispielsweise verschiedene anerkannte IHK Kurs zu bestimmten Themen absolvieren, sind Sie auch vor Ihren Vorgesetzten potenziell für eine andere Position qualifiziert. Auf europäischer Ebene gibt es solche faktischen Standards jedoch nicht, also nicht zwischen den Ländern untereinander. Auf nationaler Ebene gibt es das sehr wohl.
Die nationale Ebene ist aber natürlich etwas anderes, als wäre das international festgeschrieben, oder?
Es besteht vor allem eine Notwendigkeit dafür. Es gibt Allianzen auf Hochschulebene – Hochschulen bilden Netzwerke. Die FH Lübeck zum Beispiel, ein großes Netzwerk von Fachhochschulen, oder die virtuelle Hochschule Bayern, ein großes Netzwerk aller bayrischen Hochschulen. Die Kurse, an denen Studierende auf dieser Plattform der virtuellen Hochschule teilnehmen, werden von allen bayrischen Hochschulen mit denselben ECTS garantiert anerkannt.
Das ist im Hochschulgesetz verankert und ist quasi ein Standard auf Landesebene. So etwas gibt es auch international, LERU z.B. – die League of European Research Universities in Bereich der Education.
In der beruflichen Bildung gibt es festgeschriebene Standards, die rechtlich verbindlich sind. Würden Sie sagen, dass eine Möglichkeit besteht, dass es neben den faktischen Standards auch rechtliche für die Micro-Credentials gibt?
Finden Sie es sinnvoll, europaweite Standards festzulegen?
Mirco-Credentials funktionieren nur über Standards.
Ich arbeite in den ganzen europäischen Organisationen mit. Ich bin Vize-Präsident von EURASHE, einer der vier Organisationen, die den Bologna Prozess mitbegründet haben. Ich bin in den ministeriellen Arbeitsgruppen, die ich teilweise auch leite und die Instrumente, die wir auf europäischer Ebene haben, die brauchen wir erwiesenermaßen. Darin erkennt man das Zusammenwachsen des europäischen Raumes. Natürlich ist diese Entwicklung sehr zäh und langsam, aber so ist das, wenn sich 27 Kulturen einigen möchten. An das Gelingen glaube ich felsenfest.
Die Frage ist: Können wir Handlungspraktiken entwickeln, die das Konzept sinnvoll in unseren nationalen Kontexten absorbieren? Können wir es schaffen, der Verlockung des Shortcuts zu widerstehen? Können wir es schaffen, noch darüber hinaus das Verständnis zu generieren, dass Qualifikationen insgesamt mehr unterstützt werden müssen und dass das ein Baustein in einem stetigen Bemühen ist? Das ist die große Frage.
Und was sagen Sie dazu? Können wir es schaffen?
Im Moment gerade sehen wir eine Entwicklung, bei der sich die innovationsgetriebenen Arbeitsmarktbereiche von dem System, das wir geschaffen haben, abkoppeln. Das sind vor allem Bereiche wie IT, Kommunikation, Versicherung und Fintec, also alles, was mit Finanzierung und Technologie zu tun hat. Das sind agile, volatile, man kann sogar sagen kaputte Bereiche. In diesen Bereichen gibt man nichts mehr auf ein Bachelorzeugnis. Das Zeugnis ist nur noch eine Voraussetzung, aber kein Führungsmerkmal. Jetzt überlegen wir im Qualifizierungssystem in Deutschland sowie in Europa: Können wir das verbessern und flexibler machen? Das hat auch etwas mit der Wertschätzung den einzelnen Bürgern gegenüber zu tun, die sich bilden, sich bemühen, die Erfahrungen machen und das zeigen möchten. Das System, nicht formal, sondern auch auf individueller Ebene, verfügt über Technologien, die man nutzen kann, die sich entwickeln. Blockchain ist die Technologie, die zukünftig Smart Information individuell möglich macht. Das ist wirklich eine Innovation.
Ich glaub schon, dass wir in diese Richtung gehen werden und dass wir Micro-Credentials und die notwendigen Standards entwickeln werden.
Ich würde außerdem in meinem stetigen Bemühen, auch in meiner Arbeit in den europäischen Projekten zum Thema Micro-Credentials, immer noch einen Schritt mehr ansprechen.
Die Frage ist: Wie können wir das kontextuell so einbetten, dass wir einen ganzheitlichen Blick auf die Qualifizierung und auf die Förderung von Handlungskompetenzen und Arbeitsbedingungen von Menschen werfen? Was ist die richtige Handlungsweise? Das ist das Thema, um das es eigentlich geht.
Arbeitsgruppe NextEducation an der DHBW Karlsruhe: www.next-education.org
Download open access Future Skills – Future Learning, Future Higher Education: www.nextskills.org
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